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Auch hier geht es um Schulprobleme ...
7. 10. 2025
In der Schweiz gibt es momentan ein Thema, das die Leute bewegt: das Frühfranzösisch.
Dabei geht es um Folgendes: Vor einigen Jahren hat man den Beginn des Französischunterrichts in die Primarschule vorverlegt.
Jetzt mehren sich die Stimmen, die dieses Frühfranzösich abschaffen wollen - der Französischunterricht sollte, wie dies lange Zeit üblich war, erst auf der Sekundarschulstufe beginnen.
Was ist da schief gelaufen?
Wir sehen uns das Thema ,Frühfranzösisch' näher an.
9.10. 2025
Warum sollte das Frühfranzösisch aufgegeben werden? Es sind zwei Gründe, die besonders häufig ins Feld geführt werden.
Erstens: Die Kinder sind vom Frühfranzösisch überfordert.
Zweitens: Rein leistungsmässig bringt der frühere Beginn des Französisch-Unterrichts nichts.
10 10 2025
Die Kinder sind vom Frühfranzösisch überfordert.
Es sagt sich so leicht ... und es ist auf den ersten Blick ein plausible Grund für die Abschaffung des Frühfranzösisch.
Es lohnt sich jedoch, dieses Argument näher anzusehen.
Und es lohnt sich auch, sich zuerst einmal darauf zu verständigen, was man unter ,überfordert' versteht.
Dabei zeigt sich, dass unter dem Wort ,überfordert' mindestens zweierlei verstanden werden kann. Es kann zuerst einmal meinen, dass ein Kind leistungsmässig überfordert ist und die gesteckten Lernziele nicht erreicht. Oder es kann meinen, dass sich ein Kind unwohl fühlt - gestresst oder auch verängstigt.
Offensichtlich ist es so, dass viele Kinder vom Frühfranzösisch leidtungsmässig überfordert sind - sie erreichen längst nicht die gesteckten Leistungsziele.
Doch man muss immer daran denken: Diese Überforderung stellt kein Naturgesetz dar. Denn korrekterweise müsste man sagen:
Die Kinder sind nicht überfordert. Es sind wir Erwachsene, die die Kinder überfordern. Die Kinder werden überfordert.
Wir als Erwachsene stellen Anforderungen an die Kinder. Wir erwarten, dass sie diesen Erwartungen entsprechen. Nun aber stellen wir fest, dass die Kinder diese Erwartungen nicht erfüllen können - und deshalb sprechen wir davon, dass die Kinder überfordert sind.
Daraus könnte man eine banale Schlussfolgerung ziehen:
Das Problem des Frühfranzösich liegt nicht darin, dass die Kinder überfordert sind. Das Problem besteht darin, dass wir von den Kindern zu viel erwarten. Wir erwarten Dinge von ihnen, die gewöhnlichen Kinder in einer gewöhnlichen Schulklasse nicht zu leisten vermögen.
Und die Lösung des Problems?
Eine Lösung besteht darin, dass der Französischunterricht kurzerhand abgeschafft wird.
Es gäbe aber auch eine andere Lösung:
Wir Erwachsenen müssten die Anforderungen zurückschrauben. Wir müssten uns nüchtern überlegen, was im Französischunterricht in einer gewöhnlichen Schulklasse mit gewöhnlichen Kindern und einer gewöhnlichen Lehrkraft überhaupt möglich ist - und was halt eben nicht.
Daran müssten wir die Anforderungen orientieren. Und wahrscheinlich müsste wir sie herunter-schrauben. Von den Kindern, die in Frühfranzösisch unterrichtet werden, kann nicht das geleistet werden, was wir von ihnen erwartet (oder erhofft) haben.
11 10 2025
Wenn es tatsächlich so ist, dass wir viele Kinder im Frühfranzösisch überfordern, stellt sich eine Frage:
Wie hat es dazu kommen können?
An dieser Stelle macht es Sinn, wenn wir auf unsere Erinnerungen zurückgreifen - auf jene Erinnerungen, die sich auf jene Zeit beziehen, in der das Frühfranzösisch eingeführt wurde.
Da war es nämlich so, dass das Frühfranzösisch als eine für Kinder höchst harmlose Angelegenheit dargestellt wurde:
Spielerisch würde der Unterricht sein, ein Fach ohne Prüfungen und ohne Noten würde es sein; hiess es. Und ein Fach würde es sein, in welchem die Kinder lernten, sich locker und entspannt auf Französisch auszudrücken - ohne dass sie zusätzlich lernen müssten, Französisch auch noch zu schreiben. Hiess es.
Ich habe keinen umfassenden Überblick über den Französischunterricht in den verschiedenen Kantonen in der Schweiz.
Aber ein Punkt ist mir aufgefallen: Wenn im Fernsehen oder in der Presse über Frühfranzösisch berichtet wird, wird dies häufig mit Bilden und Sequenzen unterlegt, in denen Kinder in der französischen Sprache schreiben - was beim Betrachten ein ungutes Gefühl aufkommen lässt: Es scheint keineswegs so zu sein, dass im Frühfranzösich lediglich gesprochen wird....
Da öffnet sich ein interessantes Arbeitsfeld für Historikerinnen und Historiker. Ihre Aufgabe wäre es aufzuzeigen, wie sich das Frühfranzösisch punkto Anforderungen entwickelt hat. Ist es tatsächlich so, dass die Anforderungen gestiegen sind - indem zum Beispiel nach und nach das geschriebene Französisch im Klassenzimmer Einzug nahm? Oder indem das Fach ,Französisch' zu einem Fach wurde, das im Zeugnis benotet wurde. Und wenn ja: Wer ist dafür verantwortlich? Waren es Bildungspolitikerinnen und -politiker, die als treibende Kraft wirkten? Oder waren es die Erziehungsdepartemente, die hier tätig wurden? Oder waren es die Lehrkräfte? Oder geschah dies gegen den Willen der Lehrkräfte?
16 10 2025
Die EDK hat eine Studie in Auftrag gegeben. Sie sollte herausfinden, wie es um das Französisch am Schluss der obligatorischen Schulzeit steht.
Nicht gut, befand die Studie: Nur knapp die Hälfte der Schülerinnen und Schüler erreicht die Minimalziele - die Minimalziele, die die EDK gesetzt hat.
Interview mit Dagmar rösler zitat buschor je früher
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